08. Juli 2022

DAS VOGLHAUS CAFÉ UND KAUFHAUS, Konstanz

Das DEMETER Café & Restaurant mit 100 % Bio-Lebensmitteln und einer Mitgliedschaft in der Gemeinwohl-Ökonomie ist einzigartig in seiner Art, sozial und ökologisch.

 

Es war mir ein großes Vergnügen, die Inhaberin Martina Vogl bei einem Besuch in Konstanz kennenzulernen und sie anschliessend interviewen zu dürfen. Wie sie über Umwege zum VOGLHAUS gekommen ist und welche Tipps sie für Menschen hat, die jetzt eine Gastronomie eröffnen wollen, lesen Sie hier.

„Wir retten die Welt mit Genuss!“ ist der Slogan vom VOGLHAUS. Was ist damit gemeint?

Martina Vogl: Meiner Meinung nach gibt es aus gastronomischer Sicht zwei Maßnahmen, die maßgeblich zur "Weltrettung" beitragen. Das wäre zum einen der Verzicht auf tierische Speisen und Getränke. Und zum anderen ausschliesslich Bio-Lebensmittel zu verarbeiten.

Ein nicht tierisches Angebot wirkt sich im Vergleich zu einem konventionellen (und auch vegetarischen) Angebot positiv auf Klimagase - hier reden wir von 70 Prozent CO2 Einsparungen -, das Tierwohl und die Gesundheit der Menschen aus. Vegan bietet also fast ein "Rundum-Sorglos-Paket". Und Bio-Lebensmittel tragen maßgeblich zum Erhalt unserer Böden bei, die die Grundlage unserer Ernährung bilden und daher besonders geschützt werden müssen. Ein extrem wichtiges Thema, über das meiner Meinung nach noch viel zu wenig gesprochen wird. Seit ich das verstanden habe, gibt es im VOGLHAUS auch hier keine Kompromisse mehr. Wir haben uns nicht nur für 100 % Bio entschieden, sondern sind seit Kurzem auch DEMETER zertifiziert, da es sich hier um den höchstmöglichen Biostandard aus unserer Sicht handelt. 

Gleichzeitig darf aber der Genuss auf keinen Fall zu kurz kommen. Wir stehen für eine gut-bürgerliche Küche, die wahnsinnig lecker ist und die für alles andere als Verzicht steht.

Generell würde ich sagen, dass DAS VOGLHAUS antritt um zu beweisen, dass es auch anders geht: geschmacklich sowie auch wirtschaftlich. Wir sehen uns damit als "Pioniere des Wandels", ohne diesen Wandel werden wir die Klimakrise nicht überstehen.

 

 

Wie kam es zur Entstehung vom VOGLHAUS?

DAS VOGLHAUS Konstanz - Café und Kaufhaus für Wohnaccessoirs

Martina Vogl: DAS VOGLHAUS ist tatsächlich über einige Umwege entstanden. Als Gymnasial-Lehrerin für Deutsch & Russisch habe ich mich nach dem Studium gegen den Schuldienst entschieden. Stattdessen habe ich als Franchise-Nehmerin eine Body Shop Filiale übernommen und diese in Konstanz 15 Jahre lang mit Freude geführt. Body Shop war zu damaliger Zeit ein Unternehmen, von dem ich viel über CSR (= Corporate Social Responsibility) gelernt habe, also die Pflicht von Unternehmen, Dinge an die Gesellschaft zurückzugeben - weit über gute Kosmetikprodukte hinaus, sich als Unternehmen also gemeinwohl-orientiert zu verhalten. Irgendwann ist mir Body Shop als Konzern jedoch zu groß und dem mainstream verhaftet geworden und ich wollte nicht mehr abhängig von einem Franchisegeber sein. Ich habe mir daher ein zweites Standbein aufgebaut und das Lager meiner Body Shop Filiale zu einem kleinen Shop mit Wohn-Accessoires, kombiniert mit einem Café, umfunktioniert. 

Und wieder etwas später, habe ich Body Shop gänzlich aufgegeben und in den Räumen einen Coffee Shop, kombiniert mit Wohn-Accessoires, etabliert. Zeitgleich habe ich mir immer mehr Wissen über Ernährung angeeignet und vor allem auch über die Auswirkungen unserer Ernährung auf die Welt. Dieses Wissen ist über die Jahre in das Angebot vom VOGLHAUS eingeflossen und heute bin ich sehr froh, ein zukunftsfähiges Modell von Gastronomie entwickelt zu haben.

 

               

 

 

Hattest Du Vorbilder?

Martina Vogl: Vorbilder im positiven Sinne hatte ich eigentlich keine. Ich hatte eher die negativen Beispiele im Blick und wollte es besser machen als z.B. Starbucks & Co. Auch für die Mischung aus Einzelhandel und Gastronomie hatte ich kein konkretes Vorbild sondern es ist aus meinem Bauchgefühl heraus entstanden.

 

 

DAS VOGLHAUS ist ein Mitgliedsunternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie und hat bereits einen Mikro-Nachhaltigkeitsbericht (GWÖ-Fokusbericht) erstellt und veröffentlicht. Warum habt Ihr diesen Aufwand betrieben?

DAS VOGLHAUS Konstanz - ein Mitgliedsunternehmen der Gemeinwohl-Ökonomie

Martina Vogl: Sich als Unternehmen mit der eigenen Gemeinwohl-Bilanz zu beschäftigen ist zwar in der Tat aufwendig, aber auch sehr nützlich. Während des Schreibens unseres GWÖ-Fokusberichts ist mir, aber vor allem auch unseren Mitarbeitenden, klar geworden wie viel Gutes wir im VOGLHAUS schon jetzt machen. Vor dem Erstellen des Berichts haben wir kaum etwas dokumentiert, sondern hauptsächlich gemacht. Das ist natürlich gut, aber man verliert auch leicht den Überblick.

Mir war ebenfalls wichtig, Klarheit über unsere "blinden Flecken" zu bekommen und diese anzugehen.

Und wir wollen zeigen, dass ein kleines Unternehmen wie das DAS VOGLHAUS, so etwas leisten kann. Denn es geht nicht nur um die großen Unternehmen. Wir möchten in der Branche mit gutem Beispiel vorangehen und hoffen, dass sich davon auch andere kleine und große Unternehmen inspiriert fühlen.

Mit dem GWÖ-Fokusbericht haben wir einen ersten Klotz reingehauen. Wir wollen aber auch noch eine richtige Gemeinwohl-Bilanz erstellen. Mich interessiert nämlich auch brennend, welche Punktezahl wir derzeit erreichen.

Ist ein Nachhaltigkeitsbericht, z.B. eine GWÖ-Bilanz, aus Deiner Sicht sinnvoll für Gastronom*innen?

Gut bürgerliche Küche im VOGLHAUS Konstanz

Martina Vogl: Absolut. Eine GWÖ-Bilanz ist für jede Art des Wirtschaftens sinnvoll, insbesondere aber für die Gastronomie. Ein Unternehmen, das sich zu einem gemeinwohl-orientierten Wirtschaften bekennt, wird von Kundinnen und Kunden zunehmend positiv wahrgenommen. Ich mache die Erfahrung, dass man uns in Konstanz vertraut und dadurch auch stetige Umsätze garantiert sind.

Und die Gastronomie hat eine besondere Verantwortung, vor allem in heutigen Zeiten, in denen immer mehr außer Haus gegessen wird. Ernährung spielt sich also nicht mehr nur in den eigenen vier Wänden ab und ist daher auch nicht nur Privatsache. Mit einem gastronomischen Angebot, das sich positiv auf die Gesundheit der Menschen, auf die Umwelt und auf Soziales auswirkt, kann demnach viel Gutes bewirkt werden. Dieser Verantwortung sollten sich Neu-Gastronom*innen, aber auch bestehende Gastro-Unternehmer*innen unbedingt bewusst sein. 

Eine GWÖ-Bilanz ist ein sinnvolles Mittel, das eigene positive Unternehmertum transparent zu machen und Vertrauen aufzubauen.

Hast Du einen Rat an Gründer*innen in der Gastronomie?

Kaffee und Kuchen im DAS VOGLHAUS Konstanz

Martina Vogl: Ich würde allen, die heute eine Gastronomie aufmachen raten, es von Anfang an richtig zu machen. Das heißt überwiegend oder ausschließlich pflanzliche Speisen und Getränke anzubieten, auf 100% Bio- und Gemeinwohl-Orientierung zu setzen.

Wichtig ist es aus meiner Sicht auch, angemessen hohe Verkaufspreise festzulegen, so dass alle Beteiligten einen angemessenen Beitrag an der Wertschöpfungskette haben, insbesondere die Produzenten und deren Mitarbeitende sowie die eigenen Mitarbeitenden. Wer zu geringe Verkaufspreise verlangt, externalisiert die Kosten hin zu Stellen, die nicht so gut sichtbar sind. Das kann und darf nicht das Ziel sein.

 

Wie geht es weiter mit dem VOGLHAUS?

DAS VOGLHAUS Konstanz Aussenansicht

Martina Vogl: Um dem Personalmangel in der Gastronomie besser begegnen zu können, suchen wir gerade aktiv nach Mitteln und Wegen, uns für "Peak-Zeiten" besser aufzustellen und uns selbst die Arbeit zu erleichtern. So denken wir z. B. über reduzierte Öffnungszeiten nach, aber auch darüber, unser Angebot zu straffen, so dass es weniger arbeitsintensiv ist. Wir wollen also nicht wachsen, wachsen, wachsen, sondern uns weiter qualitativ verbessern. Dazu experimentieren wir gerade recht viel.

Zudem wollen wir alsbald eine richtige Gemeinwohl-Bilanz erstellen und sind schon sehr auf diesen Prozess gespannt.

Etwas langfristiger gedacht, ist für mich natürlich die Nachfolgefrage interessant. Idealerweise möchte ich die Verantwortung für das Tagesgeschäft im VOGLHAUS an eine kleine Mitarbeitenden-Gruppe abgeben, die Spaß daran hat, jeden Tag weitere qualitative Verbesserungen herbeizuführen. Denn wenn das nicht passiert, bleibt ein Unternehmen nicht nur stehen, sondern entwickelt sich sogar rückwärts. Ich glaube an die "Politik der kleinen Schritte" und wünsche mir, dass sich DAS VOGLHAUS noch recht lange in eine positive Richtung entwickelt und eine Strahlkraft auf andere Gastronomie-Unternehmen hat.

 

*** Vielen Dank für das Gespräch!

Team DAS VOGLHAUS

DAS VOGLHAUS beweist eindrücklich, dass es bei einem Café bzw. Restaurant um viel mehr als nur um Essen und Trinken gehen kann. Die Kombi aus „tierfrei“, 100 % Bio und gemeinwohl-orientiert sucht ihresgleichen in der Branche. Tatsächlich habe ich noch kein gastronomisches Unternehmen kennenlernen dürfen, das sich so viele Gedanken um soziale UND ökologische Themen macht wie DAS VOGLHAUS. Eine wunderbare Vorbildfunktion für das Gastgewerbe. Vielen Dank für Eure wertvolle Arbeit!

 

Möchten auch Sie Ihr Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln? Gerne unterstützt Sie DAS HELDEN ATELIER auf Ihrem Weg. Schauen Sie sich gleich hier auf der Webseite um und nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Ich freue mich auf Sie:  Ihre Ideen, Ziele und Ihr Unternehmen!

Ihre Sandra Wacker

 

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