05. April 2023

Das Restaurant HAPPA in Berlin

Pflanzliche, regional-saisonale Küche mit Fokus auf wertschätzender, ganzheitlicher Lebensmittelverarbeitung

Nina, Sophia und Sandra

Erst seit November 2022 auf dem Markt und dennoch schon in aller Munde: das Restaurant HAPPA in Berlin Kreuzberg. Mit der Gründung haben sich Nina Petersen und Sophia Hoffmann ganze fünf Jahre Zeit gelassen. Herausgekommen ist ein Gastronomie-Konzept, bei dem so ziemlich alle Aspekte der sozialen und der ökologischen Nachhaltigkeit bedacht wurden – und gleichzeitig spielt Wirtschaftlichkeit eine große Rolle – denn alles andere wäre ja auch nicht nachhaltig.
 
Ich hatte das große Vergnügen, Nina und Sophia persönlich im HAPPA zu treffen und sie zu ihrem ganzheitlichen Gastronomie-Konzept „löchern“ zu dürfen.

Wie kam es zur Gründung vom HAPPA?

Nina & Sophia: Wir haben uns vor einigen Jahren über gemeinsame Projekte zum Thema Lebensmittelverschwendung kennengelernt und hatten jede für sich zu der Zeit schon den großen Wunsch oder auch Traum von einem eigenen Ort, den wir mit unseren Themen bespielen können. Alleine hätte keine von uns das jedoch gemacht. Und so kam es dazu, dass wir vor ca. 5 Jahren begonnen haben, an einem gemeinsamen Gastronomie-Konzept zu arbeiten. Das ist natürlich eine lange Zeit, in der Nina übrigens auch Mama geworden ist und Sophia zwei Bücher geschrieben hat. Im Nachhinein war die lange Gründungszeit aber genau richtig, denn so hatten wir die Möglichkeit, alles im Detail durchzudenken, zu planen und zu schärfen.

 

Hattet Ihr Vorbilder, die Euch bei der Gründung inspiriert haben?

Nina & Sophia: In einzelnen Aspekten hatten wir schon Vorbilder, haben uns aber das Gesamtkonzept quasi selbst auf den Leib geschneidert. Denn einerseits gibt es das, was wir mit dem HAPPA machen, noch gar nicht so oft, nämlich eine rein pflanzliche Küche mit einfachen Gerichten aus guten Zutaten.  Sozusagen vegane Hausmannskost als Alternativmodell zu Fast Food, extremen Clean Eating oder Länderküche. Andererseits war uns auch die Bio-Zertifizierung des Restaurants ein wichtiges Anliegen, was in der Gastronomie leider noch nicht stark verbreitet ist. Und Stichwort soziale Nachhaltigkeit: Hier haben wir unsere Bedürfnisse und die unserer Mitarbeitenden sehr stark in den Fokus gestellt, neben den Bedürfnissen unserer Kund*innen. Uns ist beispielsweise sehr wichtig, dass unsere Arbeitszeiten familienfreundlich sind, wir wollen z. B. überwiegend tagsüber anstatt abends arbeiten und an den Wochenenden frei haben. Und schlussendlich war uns natürlich sehr wichtig, dass sich unser Konzept trägt, d. h. wirtschaftlich ist. Daher haben wir im Vorfeld einen detaillierten Businessplan erstellt und unser Wunschkonzept auf „Herz und Nieren“ getestet.

Ein großes Problem in der Gastronomie ist der Fachkräftemangel. Wie geht Ihr damit um?

Team HAPPA
@Zoe Spawton

Nina & Sophia: Tatsächlich haben wir damit zum Glück kein Problem. Ganz im Gegenteil: Wir hatten schon vor der Gründung zahlreiche Menschen, die sich pro-aktiv bei uns beworben haben. Darunter waren auch Viele, insbesondere Frauen, die keine Lust mehr auf die „normale“ Gastronomie hatten – also auf blöde Arbeitszeiten, Sexismus in der Küche etc. Mit dem HAPPA versuchen wir ein Alternativmodell anzubieten, mit angenehmen Einsatzzeiten, fairer Bezahlung, gutem Essen, schönem Arbeitsklima und mehr Urlaub als sonst üblich. Schlussendlich geht es um Wertschätzung: für uns selber und für das Essen. Und das kommt gut an – auch bei unserem Team.

Habt Ihr einen Rat für Gastronom*innen, wie man weniger Lebensmittel verschwendet?

Nina & Sophia: Wir finden es wichtig wegzukommen von dem Denken „der Kunde ist König und alles muss immer verfügbar sein“. Wir sind da anderer Ansicht und kommunizieren das auch ganz offen – und das kommt gut an. In der Gastronomie bzw. Hotellerie ist z. B. das Thema Buffet immer recht kritisch. Aber auch hier kann man mit kleinen psychologischen Tricks arbeiten, indem man beispielsweise kleinere Teller auf dem Buffet bereitstellt oder ganz bewusst die einzelnen Komponenten auf dem Buffet verknappt. Beides hat zur Folge, dass sich die Menschen weniger nehmen und dadurch weniger auf den Tellern übrig bleibt. Aber auch das eigene Küchenteam mitzunehmen und deren kreative Ideen gegen Lebensmittelverschwendung aufzunehmen, ist sehr wichtig und funktioniert gut. Über Lebensmittelverschwendung im Betrieb nachzudenken und dahingehend zu optimieren, macht sich unterm Strich auch in der Wirtschaftlichkeit bemerkbar. Es ist schließlich bares Geld, was in der Tonne landet.

Ihr habt das HAPPA Bio-zertifizieren lassen und seid nun ein bio-kontrolliertes Restaurant. Warum habt Ihr diesen Aufwand betrieben?

Mittagsgericht im HAPPA
@Zoe Spawton

Nina & Sophia: Tatsächlich finden wir nicht alles ideal, was in der Bio-Branche passiert, wollten jedoch trotzdem ein Teil der Biobranche sein, um so Veränderungen mitbewirken zu können. Viele Gastronom*innen wissen nicht, dass man gar nicht mit Bio werben darf, wenn man als Betrieb nicht bio-zertifiziert ist. Wir finden das grundsätzlich auch gut, denn nur in einem bio-kontrollierten Betrieb können sich Gäst*innen sicher sein, dass sie auch tatsächlich Bio auf dem Teller haben. Der Prozess der Biozertifizierung könnte unserer Meinung nach noch etwas angenehmer gestaltet, insbesondere verschlankt, werden. Im Moment ist der Zertifizierungsprozess leider noch stark auf Produzent*innen ausgerichtet und nicht so sehr auf die Gastronomie. Aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen, denn eine Bio-Zertifizierung schafft Vertrauen und kann ein echter Wettbewerbsvorteil sein.

Kann sich die Gastronomie Bio überhaupt leisten, insbesondere in Zeiten von gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen?

Mittagsgericht im HAPPA
@Zoe Spawton

Nina & Sophia: Dass bio zu teuer für die Gastronomie ist, ist ein gern genanntes „Totschlag-Argument“. Wir sind jedoch der Meinung, dass es darauf keine pauschale Antwort gibt und es vielmehr auf das individuelle Küchenkonzept ankommt. Bei einem saisonal-regionalen Küchenkonzept ist bio nicht teurer als konventionell. Und wenn das Küchenkonzept darüber hinaus noch pflanzenbasiert ist, erst recht nicht. Zwischenzeitlich haben sich bio- und konventionelle Preise auch sehr stark einander angenähert, denn Bio-Lebensmittel sind in der aktuellen Krise nicht so stark angestiegen wie konventionelle Produkte.

Stichwort „faire Preise“: Wie schafft Ihr es, dass Eure Preise so hoch sind, dass davon faire Löhne bezahlt werden und Menschen sich einen Besuch im HAPPA trotzdem leisten können?

Nina & Sophia: Generell haben wir zwei unterschiedliche Konzepte, die in Kombination unser Preismodell möglich machen: Unser Mittagstisch- und unser Dinner-Konzept. Beim Mittagstisch bilden pflanzenbasierte, regional - saisonale Lebensmittel die Basis, die einen relativ niedrigen Wareneinsatz haben. Außerdem ist unsere Karte sehr klein und flexibel, was ebenfalls bares Geld spart. So können wir immer ein Gericht unter 10 EUR anbieten. Unser Dinner-Konzept hingegen ist feiner und hochpreisiger, was auch einer anderen Lebensmittelauswahl und somit einem höheren Wareneinsatz geschuldet ist. Die Kombination dieser zwei Konzepte ergibt ein faires Preismodell, mit dem wir sehr gut fahren.

Habt Ihr einen Rat für Gründer*innen in der Gastronomie?

HAPPA
@Zoe Spawton

Nina & Sophia: Da wir gerade selbst durch diesen Prozess gegangen sind und immer noch gehen, haben wir tatsächlich einige Ratschläge:

 

  • Du musst nicht alles wissen und selber können: Es gibt wunderbare Coachings (teilweise kostenfrei). Hol Dir Hilfe von jemandem, der es weiß bzw. kann, speziell auch wenn es um die Wirtschaftlichkeit geht.
  • Suche Dir ein Netzwerk, vernetze dich mit anderen Gründer*innen zum Wissensaustausch.
  • Du musst nicht skalierbar sein. Skalierbarkeit ist nicht zwingend notwendig, um wirtschaftlich zu sein.
  • Pass auf, dass du selbst nicht auf der Strecke bleibst. Zahle Dir selbst ein Gehalt aus, auch wenn Du dafür z. B. einen höheren Anfangskredit aufnehmen musst. Die Wertschätzung Dir selbst gegenüber ist enorm wichtig.

Wie kann es großen Gastro-Unternehmen oder auch Hotel-Konzernen gelingen, mehr Nachhaltigkeit im Unternehmen zu etablieren?

Nina & Sophia: Wir sind auch im Consultingbereich tätig und konnten hier schon einigen Unternehmen Hilfestellungen geben, wie mehr Nachhaltigkeit gelingt. Kurz zusammengefasst sind dies unsere 3 favorisierten Tipps:
 

  • Habt nicht den Anspruch von heute auf morgen alles anders oder besser zu machen, sondern startet bei einer Sache und arbeitet Euch Schritt für Schritt vor. 
  • Holt Euch Hilfe bzw. Unterstützung von Menschen, die Expertenwissen haben und auf dieses Thema spezialisiert sind.
  • Arbeitet am Mindset der Mitarbeitenden und der Geschäftsführung, der Wandel kann nur gelingen, wenn alle verstanden haben, warum Veränderung nötig und wichtig ist.
     
     

*** Vielen Dank, Nina & Sophia, für dieses inspirierende und sehr offene Gespräch!

HAPPA
@Zoe Spawton

Das HAPPA ist für mich DAS Beispiel für eine zukunftsgewandte Gastronomie, die so richtig Spaß macht! Den Gästen, dem Team und den beiden sympathischen Gründerinnen. Ein wunderbares Vorbild für die Branche und der Beweis, dass ein Restaurant deutlich mehr sein kann als ein Ort, an dem man gutes Essen bekommt. Vielen Dank für Euer Engagement und Eure positiven Vibes, liebe Nina und liebe Sophia!

 

***

 

Möchtest auch Du Dein Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln? Gerne unterstützt Dich DAS HELDEN ATELIER auf Deinem Weg. Schaue Dich gleich hier auf der Webseite um und nimm Kontakt mit mir auf. Ich freue mich auf Dich: Deine Ideen, Ziele und Dein Unternehmen!

Deine Sandra

 

Cookies auf helden-atelier.de

Unsere Internetseite verwendet Cookies, um anonymisierte Informationen über die Nutzung der Website durch die Besucher zu sammeln. Mit dem Klick auf den Button "Zustimmen" erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden. Weitere Informationen über die Nutzung von Cookies oder für die Änderung Ihrer Einstellungen erhalten Sie innerhalb unserer Datenschutzerklärung.

Impressum