27. Oktober 2023

Die clevere Nachhaltigkeitsstrategie der Guldsmeden Hotels

... die ich in Copenhagen gelernt habe

Kirsten Aggersborg - Nachhaltigkeits- & Kommunikationsmanagerin bei Guldsmeden Hotels

Die Guldsmeden Hotels sind nicht nur wahnsinnig schön designt. 

 

Und bieten ein unglaubliches Gästeerlebnis. 

 

Sondern sie sind auch waschechte "Nachhaltigkeits-Pioniere".

 

Und dabei kein bischen verstaubt. 

 

Mit ihren fünf Hotels in Kopenhagen (Dänemark), einem Hotel in Oslo (Norwegen), einem Hotel in Reykjavík (Island) und sogar einem Hotel in Berlin, beweist die familiengeführte Hotelkette, dass nachhaltige Hotels auch wirtschaftlich total Sinn machen. 

 

Übrigens: 2 weitere Hotels sind bereits in der Pipeline: in Aarhus (Dänemark) und in Bremen - in einem ehemaligen Silo von Kellogg's.

 

Viele Jahre haben die Guldsmeden Hotels kaum über ihr nachhaltiges Engagement gesprochen.

 

Nicht: weil sie ihre Geheimnisse für sich behalten wollten. 

 

Sondern: weil sie damals noch das Gefühl hatten, dass sich kaum jemand dafür interessiert. 

 

Das ist heute glücklicherweise anders.

 

Ich hatte das große Vergnügen, Kirsten Aggersborg - Sustainability and Communication Manager der Guldsmeden Hotels, interviewen zu dürfen.

 

Wir haben uns im Urban Eco Resort Bryggen Guldsmeden getroffen und ein sehr interessantes Gespräch geführt (mit anschliessender Hotelführung).

 

Was ich dabei alles gelernt habe, das zeige ich dir gleich.

 

 

Du wirst erfahren:

  • Wie es sich auszahlt, manche Dinge anders zu machen, als sonst in der Hotellerie üblich
  • Warum der erste Schritt, manchmal der wichtigste ist - und trotzdem ganz einfach sein kann
  • Wie neue Technologien, den Guldsmeden Hotels immens helfen - und wie Du sie für Dich nutzt
  • An welcher Stelle auch echte Nachhaltigkeits-Pioniere noch mit Herausforderung konfrontiert sind - und was Du daraus lernen kannst
  • Was Kirsten über Zertifizierungen denkt und welche Zertifikate möglicherweise auch für Dein Hotel sinnvoll sind
  • Warum die Guldsmeden Hotels gerne ihre Nachhaltigkeits-Geheimnisse teilen und was Du daraus lernen kannst

Also.

 

Hier kommen meine Top 8 Learnings von Kirsten und den Guldsmeden Hotels:

1) Nutze Dinge, die schon da sind!

Marc und Sandra sind die Inhaber der Guldsmeden Hotels und gleichzeitig auch die gemeinsamen Eltern von drei Kindern (nach denen auch drei der Guldsmeden Hotels benannt sind).

 

Sandra, ursprünglich Grafikdesignerin, ist CEO der Guldsmeden Hotels.

 

Marc ist Architekt und Innendesigner.

 

Marc hat schon in seiner Kindheit gelernt, Dinge zu nutzen, die bereits vorhanden sind. 

 

Wenn Marc heute ein neues Hotel-Projekt angeht, fragt er sich zuallererst: Was ist schon vorhanden? Wie kann ich das Vorhandene weiter nutzen?

 

Und das ist sehr ungewöhnlich für die Hotelbranche.

 

Denn:

  • Meist werden neue Gebäude gebaut, anstatt vorhandene Gebäude umzubauen
  • Oft werden vorhandene Materialien entsorgt, anstatt sie weiter zu nutzen

 

Nicht bei Guldsmeden!

 

Alte Bodenbretter finden hier eine neue Verwendung, z.B. als Tische.

 

Bestehende Möbel werden upgecycelt und wiederverwendet. Usw.

 

Ergebnis: Resourcen, Umwelt und natürlich auch der Geldbeutel werden geschont!

 

 

 

2) Folge keinen Trends!

Oft wird Kirsten gefragt: Wie oft richtet Ihr Eure Zimmer neu ein?

 

Kirsten´s Antwort darauf ist: NIE!

 

Das älteste Hotel der Guldsmeden-Kette „66 Carlton“ gibt es seit 2001. Die Zimmer wurden jedoch seitdem noch nie neu eingerichtet (Renovierungen werden selbstverständlich bei Bedarf durchgeführt).

 

Das ist für die Hotelbranche sehr ungewöhnlich.

 

Im Durchschnitt bekommen Hotelzimmer alle 10 Jahre einen komplett neuen Style. Manchmal schon nach 7 Jahren.

 

Der Grund: Das Zimmerdesign ist nicht mehr trendy.

 

Eigentlich logisch. Denn richtet man Hotelzimmer (oder auch andere Bereiche des Hotels) immer nach den neuesten Trends ein, ist man ganz schnell auch wieder out.

 

Die Guldsmeden Hotels da gehen einen gänzlich anderen Weg:

 

Marc entscheidet sich immer für natürliche Materialien.

 

Und für originelle Designs, die keinen Trends folgen.

 

Schönheit und Wohlfühlatmosphäre versus Trend. 

 

Und das zahlt sich aus: Im Geldbeutel. Und in der Schonung der Umwelt und Resourcen. 

 

 

 

 

3) Gründe ein Nachhaltigkeits-Team!

Eine der wichtigsten Maßnahmen, um in den Prozess der Nachhaltigkeit zu starten, ist:

 

Rufe ein Nachhaltigkeits-Team ins Leben!

 

Bei Guldsmeden sind im "Green Team" Vertreter*innen aus dem Housekeeping und dem F&B sowie auch Sandra und Kirsten dabei.

 

Sollten im "Green Team" keine Vertreter*innen aus der Geschäftsleitung dabei sein, empfielt es sich, dass regelmäßig an die Geschäftsleitung berichtet wird, was sich in Sachen Nachhaltigkeit im Unternehmen tut. Nur so, bekommt das Thema die notwendige Aufmerksamkeit und Ernsthaftigkeit. 

 

Das Guldsmeden "Green Team" trifft sich mindestens 1x je Quartal und:

 

  • bespricht Maßnahmen, die bereits eingeleitet oder umgesetzt wurden
  • setzt sich neue Ziele 
  • dokumentiert alles (wichtig für die Zertifizierungen, aber dazu gleich mehr...)

 

 

 

4) Organic Food!

Babette Rooftop

Alles hat mit Brot angefangen.

 

Zufälligerweise hat die erste Bio-Bäckerei Kopenhagens ganz in der Nähe des ersten Guldsmeden Hotels eröffnet.

 

Sandra hat dort Backwaren für das Hotel bestellt.

 

Und den Gästen hat es geschmeckt.

 

Die Bio-Bäckerei kannte weitere Bio-Produzenten. Und hat sie Sandra empfohlen.

 

So ist das Bio-Sortiment bei Guldsmeden nach und nach gewachsen. 

 

Heute sind die Guldsmeden Hotelrestaurants mit dem dänischen Ø-Label ausgezeichnet. Ein offizielles staatliches Siegel, das in Dänemark hohe Bekanntheit geniesst und als sehr vertrauensvoll angesehen wird. 

 

Die Guldsmeden Hotels haben den Goldstatus, der für die Verwendung von mindestens 90% Bio steht. 

 

Aktuell steht Guldsmeden sogar bei 99,5%.

 

Aber: der erste Schritt - also die ersten Bio-Backwaren einzusetzen - war wohl der wichtigste Schritt auf dieser Reise!

 

*****

 

Übrigens:

 

Auch in Deutschland wurde im Oktober 2023 ein staatliches Bio-Siegel für die Ausser-Haus-Verpflegung eingeführt werden. Also für Restaurants, Kantinen, etc. 

 

Ausserdem gibt es jetzt eine staatliche Beratungs-Förderung für Unternehmen, die Ihren Bioanteil erhöhen wollen. 

 

Hier findet Ihr Infos dazu.

 

*****
 
 

5) Tracke Food Waste!

Manon Les Suites - Rooftop

Müllvermeidung fängt bei Müll-Tracking an!

 

Denn nur wer weiß, wieviel und welchen Müll er produziert, kann effektive Maßnahmen ergreifen.

 

In Dänemark ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Unternehmen ihren Müll in 10 verschiedene Bestandteile trennen. Ähnlich wie in Deutschland: Papier, Glas, Plastik, etc. 

 

Bei Lebensmittelabfällen gehen die Guldsmeden Hotels aber einige Schritte weiter. 

 

Trennen allein, ist ihnen nicht genug. 

 

So gibt es in den Küchen zahlreiche Mülltonnen, die alle mit einer Wage versehen sind.

 

Je eine Mülltonne für Lebensmittelabfälle für:

 

*Produktionsabfälle aus der Küche, z.B. vom Kartoffelschälen

*Tellerabfälle von den Tellern der Gäst beim Frühstücksbuffet

*Tellerabfälle von den Tellern der Gäste im À-la-carte-Restaurant

*Kaffeesatz

etc. 

 

Guldsmeden wird dabei von FoodOp unterstützt, die die entsprechende Technologie für die Auswertung bereitstellt. Aus den Auswertungen werden dann Maßnahmen zur Reduktion abgeleitet.

 

*****

 

Auch eine gute Idee: 

 

Bei Guldsmeden wurde ein Wettbewerb ausgelobt: welches Guldsmeden-Restaurant produziert die wenigsten Lebensmittelabfälle? Auch Gäste wurden darüber informiert und zum Mitmachen aufgefordert. Guldsmeden war anfangs skeptisch, wie Gäste darauf wohl reagieren. Aber der Wettbewerb wurde sehr positiv bewertet. Und Guldsmeden hat daraus gelernt, dass man Gäste durchaus in Nachhaltigkeits-Aktionen einbeziehen kann.

 
*****
 
 

 

6) Zertifizierungen

Axel - Junior Suite

Als die Guldsmeden Hotels beschlossen, ihr nachhaltiges Engagement nach außen zu kommunizieren, wollten sie es richtig machen. 

 

"Green Washing" kam nie in Frage.

 

Schnell war klar: nur mit einer vertrauenswürdigen Zertifizierung, kann nachhaltiges Engagement glaubhaft kommuniziert werden.

 

Fündig geworden sind sie bei GreenGlobe, eine der weltweit führenden Zertifizierungen im Tourismusbereich.

 

Später kamen noch weitere Zeritifizierungen hinzu:

 

  • GreenKey - Nachhaltigkeitszertifizierung aus Dänemark für den Tourismus
  • GreenSign - Nachhaltigkeitszertifizierung aus Deutschland für Hotels, Gastronomie etc. weltweit
  • EcoCert - die weltweit führende Bio-Zertifizierungs-Organisation (für die in den Zimmern verwendeten iLoveEcoEssentials-Produkte)
  • Ø-label - das staatliche dänische Bio-Label (von dem ihr oben schon gelesen habt...)

Zugegeben: es ist nicht ganz einfach, sich im Zertifizierungs-Dschungel zurechtzufinden. 

 

Aber auch nicht unmöglich.

 

Und es lohnt sich.

 

Denn: vorallem Hotels, die im B2B-Bereich arbeiten, werden zunehmend nach Nachweisen für ihr nachhaltiges Engagement gefragt. 

 

Das kommt u.a. aufgrund von Vorschriften und Gesetzen von der EU, wie z.B. CSRD:

Große Unternehmen müssen bereits ab 2024 über ihr nachhaltiges Engagement berichten. Und geben diesen Druck wiederum an ihre Lieferanten weiter.

 

Hotels, die über die richtigen Nachhaltigkeitszertifikate, sowie einen klaren Überblick über ihre Daten verfügen, sind somit klar im Vorteil.

 

Hotels ohne Nachhaltigkeitszertifikate werden es zunehmend schwerer haben. In Kopenhagen ist das heute schon Realität. 

 

Also: Nachhaltigkeitszertifikate schaffen Wettbewerbsvorteile - insbesondere im B2B Bereich. Und sie unterstützen Hotels dabei, "am Ball zu bleiben" und sich stetig weiter zu verbessern.

 

7) Teile Deine Erfahrungen

Axel - Spa

Ich habe Kirsten gefragt, wie es kommt, dass sie so großzügig ihre Erfahrungen in Sachen Nachhaltigkeit teilt - auch mit Mitbewerbern.

 

Kirstens (überraschende) Antworten:

 

  • Wer Informationen und Erfahrungen großzügig mit anderen teilt, bekommt im Gegenzug auch selbst viel Unterstützung - auch von Mitbewerbern.
  • Und Unterstützung ist wichtig. Denn mit Nachhaltigkeit ist man nie fertig. Stillstand = Rückstand.
  • Somit muss man nicht selbst zu jedem Thema recherchieren, sondern profitiert vom Schwarmwissen. Und spart jede Menge Zeit. Und Zeit ist Geld.
  • Gemeinsam kann sich die Hotelbranche (und alle anderen Branchen) viel schneller und effektiver weiterentwickeln. Davon profitieren alle.

Learning: die Hotelbranche profitiert immens von einem offenen Erfahrungsaustausch - insbesondere auch unter Mitbewerbern!

8) CO2 Fussabdruck

Bryggen Guldsmeden - Pool

Abschliessend noch ein Projekt, bei dem sich Kirsten wünschen würde, sie wären schon weiter: die Ermittlung des CO² Fussabdrucks der Guldsmeden Hotels.

 

Gar nicht so einfach.

 

Denn: Um einen realistischen CO² Fussabdruck zu errechnen, braucht es Zahlen, Daten, Fakten. Und davon sehr viele!

 

Manche Daten sind dabei relativ einfach zu ermitteln. Z.B. den hoteleigenen Strom- und Wasserverbrauch. Zumindest wenn es um den Jahresverbrauch geht (einfach auf der Strom- und Wasserrechnung nachschauen).

 

Den Verbrauch einzelner Geräte zu ermittlen ist dann schon etwas aufwendiger.

 

Bei anderen Daten kann es recht komplex werden. Wie hoch ist beispielsweise der CO² Fussabdruck, der durch die Reinigung der Tisch- oder Bettwäsche entsteht. Wird die Reinigung extern durchgeführt, ist man auf die korrekten Daten der Wäscherei angewiesen. Und schon wird es schwieriger. Aber nicht unmöglich. 

 

In Kopenhagen sind Lieferanten und Dienstleiter von Hotels schon gut auf solche Fragen vorbereitet. Und können die entsprechenden Daten je Hotel zur Verfügung stellen. 

 

Jedoch: Alle notwendigen Daten zusammenzutragen, erfordert auf jeden Fall Zeit. 

 

Daher: Je früher ein Hotel damit anfängt, umso eher kann es seinen CO² Fussabdruck ermitteln. 

 

Und im nächsten Schritt: Maßnahmen zur CO² Reduktion ergreifen.

 

Die Guldsmeden Hotels sind jedenfalls eifrig dabei. Stay tuned!

 

*****

 

Und wie steht es mit CO² Kompensationen?

 

Experten meinen: für CO² Emmissionen, die Ihr heute noch nicht vermeiden könnt, macht eine Kompensationen Sinn. Aber nur dann.

 

Die goldene Regel lautet: erst Messen - dann Reduzieren - dann Kompensieren (nur in dieser Reihenfolge)

 

*****

Was hast Du von Kirsten gelernt?

So.

 

Das waren meine wichtigsten Learnings. 

 

Ich bin mir sicher: was heute in Dänemark schon Realität ist, wird mittelfristig auch in Deutschland ganz normal sein.

 

Welche Nachhaltigkeitsstrategien wirst Du im Unternehmen umsetzen? Ich bin gespannt. Und ich freue mich darauf!

 

Sei großartig,

Deine Sandra

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