08. November 2022

Landgut Stober - das nachhaltigste Hotel Deutschlands

Landgut Stober bei Berlin/Brandenburg

Das Landgut Stober nahe Berlin wurde vielfach in Sachen Nachhaltigkeit ausgezeichnet – ein tolles „Aushängeschild“ und gleichzeitig auch viel Verantwortung, diesen Titeln jeden Tag aufs Neue gerecht zu werden.

 

Ich hatte das Vergnügen, mit dem Geschäftsführer Michael Stober ausführlich über sein Pionier- Unternehmen zu sprechen und bin begeistert, wie nachhaltig ein 4 **** Tagungshotel sein kann – wenn man nur will und an den entsprechenden Stellschrauben dreht.  

 

Im Gespräch mit Michael Stober habe ich erfahren, wieso das Landgut Stober eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt hat, ob Gäste explizit wegen des nachhaltigen Konzepts buchen und wie der Hotelier die Zukunft der Hotelbranche sieht.

Lieber Herr Stober, bitte vervollständigen Sie: Hotellerie und Nachhaltigkeit…

...passen ganz wunderbar zusammen und Hoteliers haben die Riesenchance, ihren vielen Gästen ein Vorbild zu sein.

 

 

Ihr Hotel wurde vielfach ausgezeichnet, z. B. als „nachhaltigstes deutsches Tagungshotel 2012-2021 (GCB/EVVC/VDR) oder auch als „grünstes Hotel Europas 2017 und 2021“. Was bedeuten diese Auszeichnungen für Sie?

Michael Stober: Über die Auszeichnungen freuen wir uns natürlich sehr und nutzen sie gerne für unsere Kommunikation nach außen. Sie sind für uns also ein schönes und kostenloses Marketinginstrument. Insbesondere während der ersten Jahre hatten wir kein freies Budget für Marketingmaßnahmen. Die Auszeichnungen haben uns seinerzeit sehr geholfen, dieses Hotel im Niemandsland bekannt zu machen. Gleichzeitig ist jede Auszeichnung, hinter der ja auch jeweils ein Audit steckt, immer Teil eines internen Weiterentwicklungsprozesses. So stellen wir bei jedem Audit fest, wo wir schon ganz gut unterwegs sind und an welchen Stellen wir uns noch weiter verbessern können.  Auf diese Weise bleiben wir niemals auf einer Stelle stehen und entwickeln uns stetig weiter.

Was ist Ihre Einschätzung: wie viele Ihrer Gäste buchen gerade wegen des herausragenden Nachhaltigkeitskonzepts?

Logierhaus Landgut Stober

Michael Stober: Im Jahr 2012 haben wir unser Hotel erweitert und zeitgleich an einer Studie der Uni Potsdam teilgenommen, bei der sowohl unsere Kunden zu ihrem Buchungsverhalten befragt wurden als auch mögliche zukünftige Gäste. Schon damals haben wir den höchsten Wert innerhalb der untersuchten Hotels erzielt, nämlich 25,01 %. Also haben uns schon im Jahr 2012 ca. ¼ unserer Gäste gerade wegen unseres nachhaltigen Konzepts gebucht. Heute schätze ich die Zahl auf über 50 % ein, Tendenz steigend. Wir kommunizieren unsere Bemühungen in Sachen Nachhaltigkeit sehr gerne, auch um unsere Gäste zu inspirieren. Wir tun dies aber immer dezent, so dass es den Gästen nicht „auf den Keks geht“.

 

Sie werden insbesondere von großen Unternehmen gebucht, die bereits der Nachhaltigkeitsberichtspflicht unterliegen. Warum?

Buffet Landgut Stober

Michael Stober: In der Tat gab es bereits 2017 in der EU ca. 6000 Unternehmen, die aufgrund ihrer Unternehmensgröße verpflichtet waren, Nachhaltigkeitsberichte und Klimabilanzen für ihr Unternehmen zu erstellen. Somit besteht gerade bei diesen Unternehmen ein echtes Interesse an Veranstaltungen, die möglichst klimaneutral und nachhaltig sind. Wir erstellen schon seit 2013 eine Klimabilanz für unseren Hotelbetrieb und können unseren Gästen bereits bei deren Abreise ein Zertifikat über ihren klimaneutralen Aufenthalt bzw. ihre klimaneutrale, inzwischen sogar klimapositive, Tagung mitgeben. Interessant ist es auch zu wissen, dass bei Veranstaltungen ca. 2/3 der CO2 Emissionen durch die An- und Abreise der Teilnehmenden entstehen und ca. 1/3 am Veranstaltungsort, also bei uns. Daher bieten wir unseren Gästen auch das klimaneutrale Veranstaltungsticket der Deutschen Bahn an. Wenn die Unternehmen es also unterstützen, dass ihre Teilnehmenden mit der Bahn anreisen, ist die Tagung nachweislich klimaneutral. Unser nachhaltiges Konzept kommt gerade Unternehmen mit Nachhaltigkeitsberichtspflicht sehr entgegen.

Sie sind mit ihrem Hotel auch Mitglied bei der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) und haben eine Gemeinwohl-Bilanz für Ihr Unternehmen erstellt. Was hat Sie dazu bewogen?

Suite im Landgut Stober

Michael Stober: Die Mitgliedschaft bei der GWÖ und auch die Bilanzierung war für uns ein folgerichtiger Schritt. Tatsächlich arbeiten wir schon seit vielen Jahren gemeinwohl-orientiert, was uns seinerzeit aber noch nicht bewusst war. Erst als ich das Buch von Christian Felber geschenkt bekommen und gelesen habe, habe ich erkannt, dass wir GWÖ schon die ganze Zeit leben. Und da war dann schnell klar, wir möchten unser Tun auch in Form einer Gemeinwohl-Bilanz zeigen und damit maximale Transparenz schaffen. An der GWÖ gefällt mir die ganzheitliche Betrachtung besonders gut. Es geht also nicht nur um den Bereich Ökologie, der sicherlich sehr wichtig ist. Genauso wichtig ist aber die Ökonomie und auch das Soziale. Gerade der soziale Bereich kommt  jedoch oft zu kurz. Da lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Ein Beispiel für unsere ganzheitliche Betrachtung ist unsere Gewinnverwendung. Unseren erwirtschafteten Gewinn verwenden wir wie folgt: 20 % spenden wir für soziale oder humanitäre Zwecke, 20 % gehen an unsere Mitarbeitenden in Form von höheren Löhnen oder Sozialleistungen, 40 % werden ins Unternehmen reinvestiert, 10 % bekommt die Bank und 10 % sollen zuletzt an uns als Unternehmerfamilie gehen. Dieses Gewinnverteilungskonzept mag bei vielen Unternehmen Kopfschütteln verursachen. Aber vielleicht kann es anderen als Denkansatz dienen. Denn stellen Sie sich einmal eine Welt vor, in der alle Unternehmen z. B. 10 % ihrer Gewinne für die Allgemeinheit geben, also an ihre Mitarbeitenden, die Region, etc. – eine schöne Vorstellung, oder?

Die GWÖ-Bilanz ist ja nicht nur zur Ermittlung des Unternehmens Status Quos hilfreich, sondern auch ein Werkzeug zur langfristigen Organisationsentwicklung. Sehen Sie das auch so und nutzen es entsprechend?

Feiern im Landgut Stober

Michael Stober: Absolut. Wir sind auch gerade im Prozess der Re-Bilanzierung und schon in den letzten Zügen. Ich bin schon ganz gespannt, was dieses Mal herauskommt, ob wir uns z. B. punktemäßig weiter verbessern konnten. Und jede erneute Bilanzierung ist wieder ein Ansporn für uns zu schauen, was wir zukünftig noch besser machen können. Die GWÖ-Matrix, also der Kern der Gemeinwohl-Ökonomie, hat uns auch sehr geholfen und tut es noch, wenn es um unsere Mitarbeitenden geht. Unternehmen müssen sich heutzutage sehr stark an den Bedürfnissen ihrer Mitarbeitenden ausrichten. Wir tun dies z. B. indem wir flexible Arbeitszeiten und Teilzeitmodelle anbieten. Oder wir ermöglichen denjenigen Mitarbeitenden Verantwortung und Mitbestimmung, die dies gerne möchten. Unsere Mitarbeitenden sind sehr loyal, ich bin davon überzeugt: das kommt stark von unserer Gemeinwohlorientierung und unserer stetigen Arbeit mit der GWÖ-Matrix. Das hat uns auch sehr in der Corona-Zeit geholfen. Wir sind wohl eines von ganz wenigen Hotels, die nach den Corona-Lockdowns mehr Mitarbeitende hatten, als davor.

 

Finden Sie, eine Gemeinwohl-Orientierung ist ein zukunftsfähiger Weg für die Hotellerie?

Landgut Stober bei Berlin/Brandenburg

Michael Stober: Das würde ich sogar mehr als betonen. Denn das, was auf uns zukommt, ist der European Green Deal. Schon heute erhalten Unternehmen schlechtere Finanzierungsmöglichkeiten, wenn sie nicht nachhaltig ausgerichtet sind, und diese Entwicklung wird sich noch verstärken. Und auch Kundinnen und Kunden schauen immer genauer hin, wem sie ihr Geld geben. Darüber hinaus sollten sich Unternehmen Gedanken dazu machen, was sie abgeben, wenn die Geschäfte gut laufen. Solche Bemühungen werden von der Gesellschaft, also auch von Kunden, sehr positiv wahrgenommen und das wird sich in Zukunft sicherlich noch verstärken. Wenn Menschen merken, dass man es ernst meint, wird dies belohnt. Davon bin ich überzeugt. Daher sollten sich Unternehmen schleunigst aufmachen und etwas tun, wenn dies noch nicht der Fall ist. Die GWÖ hat Antworten auf viele Fragen, die sich die Gesellschaft bereits heute stellt und zukünftig verstärkt stellen wird.

Große Hotelgruppen haben das Problem natürlich erkannt, tun sich aber gefühlt noch schwer mit der Veränderung. Haben Sie einen Rat, wie die Veränderung auch für große Unternehmen gelingen kann?

Inhaber und Geschäftsführer Michael Stober

Michael Stober: Es ist auch mein Eindruck, dass die großen Hotelkonzerne sich hier noch schwertun. Ich vergleiche diese Unternehmen gerne mit einem langen Zug, der fährt und fährt und recht schwerfällig unterwegs ist. Aber auch diese Unternehmen werden sich bewegen müssen, denn der European Green Deal wird auch sie einholen. Vielleicht kann es gelingen, um beim Bild vom fahrenden Zug zu bleiben, wenn die letzten ein oder zwei Waggons in eine andere Richtung geschupbst werden. Das ist sicherlich keine leichte Aufgabe, die da vor uns liegt – aber eine lohnenswerte. In unserer Branche haben wir aus meiner Sicht einen großen Vorteil: wir haben viele Kunden bzw. Gäste, denen wir eine Botschaft mitgeben können. Das ist nicht in jeder Branche so. Und wenn die Botschaft z. B. Nachhaltigkeit, Menschlichkeit, Solidarität, Respekt und Würde ist, dann haben wir als Hoteliers doch einen wunderschönen Job. Denn wir können versuchen, unsere Gäste jeden Tag mit diesen Botschaften zu erreichen.

*** Vielen Dank, Herr Stober, für dieses offene und sehr sympathische Gespräch!

 

 

Möchten auch Sie Ihr Unternehmen nachhaltig weiterentwickeln? Gerne unterstützt Sie DAS HELDEN ATELIER auf Ihrem Weg. Schauen Sie sich gleich hier auf der Webseite um und nehmen Sie Kontakt mit mir auf. Ich freue mich auf Sie: Ihre Ideen, Ziele und Ihr Unternehmen!

Ihre Sandra Wacker

 

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